Die Domina an der Kasse
Ins Gespräch vertieft mit
der Kollegin traut man sich nicht sie anzusprechen. Das „Hallo“ wird
ignoriert, das Thema der Unterhaltung ist viel wichtiger. Vor dem Bezahlen der
anstehenden Kunden werden die Cent Stücke gezählt, wieder ein Einwurf mit
lautem Lachen zur Kollegin rüber an der Nachbarkasse, der das Ganze schon
peinlich zu sein scheint und die sich in kein Gespräch mehr verwickeln lässt.
Jeder Kunde bekommt irgendeine kleine Spitze zu spüren, sei es, dass der
Pfandbon erst studiert wird (was erhofft sie sich daraus zu lesen?) oder das
Eingekaufte wird kommentiert. Durchaus auch mal nachgefragt wo das lag, denn
sie kennt das Produkt nicht.
Mit bereits schwitzenden
Fingern lädt man das Kassenband mit den Einkäufen voll und erntet schon den
ersten abschätzenden Blick darauf. Dann ein Seufzer. Oje, was gefällt ihr wohl
heute nicht?
Griesgrämig zieht sie die Waren
über das Band, wirft hier und dort der Kollegin nochmals ein paar Worte zu.
Wenn sie merkt das man es eilig hat, ist man verloren. Mit Genuss kostet sie
diese menschliche Schwäche aus, wartet bis die Kollegin antwortet oder nicht.
Auch das wartet sie stoisch ab. Behält dabei die Ware in der Hand, ohne sich zu
bewegen. Nun steigt der Puls.
Dann wird auf einmal
losgelegt, dieses Überraschungsmoment nutzt sie.
Kraftvoll und schnell
werden die Gläser oder schwere Waren aneinandergestoßen, am liebsten, wenn die
Finger der Kundin dazwischen sind. An guten Tagen kann sie eine Prellung der vorderen
Fingergelenke hervorrufen, an schlechten nur abgebrochene Nägel. Das Grinsen
verkneift sie sich, aber es ist körperlich spürbar, dass sie Freude daran hat.
Wie ein Chiffontuch liegt die Häme über Kassiererin und Kunde. Der zieht
unweigerlich immer den Kürzeren.
Hat man alle Hürden bis
zur Zahlung genommen, kommt die Kür.
Nach der Kartenzahlung,
oder auch der unliebsamen Barzahlung, gibt sie ein gequältes „Tschüss“ von
sich, das wie ein Frage klingt. Hat sie den Kunden stärker verletzt, gibt es
„einen schönen Tag noch“ dazu. Gedemütigt verlässt der Kunde den Laden, der
nächste ist dran. Dem gleitet vor lauter Nervosität das Gurkenglas aus der Hand
und stürzt beinahe zu Boden. In diesem Fall möchte niemand in dessen Haut
stecken.