Donnerstag, 25. Juni 2020

Einkaufen


Die Domina an der Kasse

Ins Gespräch vertieft mit der Kollegin traut man sich nicht sie anzusprechen. Das „Hallo“ wird ignoriert, das Thema der Unterhaltung ist viel wichtiger. Vor dem Bezahlen der anstehenden Kunden werden die Cent Stücke gezählt, wieder ein Einwurf mit lautem Lachen zur Kollegin rüber an der Nachbarkasse, der das Ganze schon peinlich zu sein scheint und die sich in kein Gespräch mehr verwickeln lässt. Jeder Kunde bekommt irgendeine kleine Spitze zu spüren, sei es, dass der Pfandbon erst studiert wird (was erhofft sie sich daraus zu lesen?) oder das Eingekaufte wird kommentiert. Durchaus auch mal nachgefragt wo das lag, denn sie kennt das Produkt nicht.

Mit bereits schwitzenden Fingern lädt man das Kassenband mit den Einkäufen voll und erntet schon den ersten abschätzenden Blick darauf. Dann ein Seufzer. Oje, was gefällt ihr wohl heute nicht?
Griesgrämig zieht sie die Waren über das Band, wirft hier und dort der Kollegin nochmals ein paar Worte zu. Wenn sie merkt das man es eilig hat, ist man verloren. Mit Genuss kostet sie diese menschliche Schwäche aus, wartet bis die Kollegin antwortet oder nicht. Auch das wartet sie stoisch ab. Behält dabei die Ware in der Hand, ohne sich zu bewegen. Nun steigt der Puls.
Dann wird auf einmal losgelegt, dieses Überraschungsmoment nutzt sie.
Kraftvoll und schnell werden die Gläser oder schwere Waren aneinandergestoßen, am liebsten, wenn die Finger der Kundin dazwischen sind. An guten Tagen kann sie eine Prellung der vorderen Fingergelenke hervorrufen, an schlechten nur abgebrochene Nägel. Das Grinsen verkneift sie sich, aber es ist körperlich spürbar, dass sie Freude daran hat. Wie ein Chiffontuch liegt die Häme über Kassiererin und Kunde. Der zieht unweigerlich immer den Kürzeren.

Hat man alle Hürden bis zur Zahlung genommen, kommt die Kür.

Nach der Kartenzahlung, oder auch der unliebsamen Barzahlung, gibt sie ein gequältes „Tschüss“ von sich, das wie ein Frage klingt. Hat sie den Kunden stärker verletzt, gibt es „einen schönen Tag noch“ dazu. Gedemütigt verlässt der Kunde den Laden, der nächste ist dran. Dem gleitet vor lauter Nervosität das Gurkenglas aus der Hand und stürzt beinahe zu Boden. In diesem Fall möchte niemand in dessen Haut stecken.