Donnerstag, 18. August 2022

Beim Tierarzt

Das Mysterium der Tierarztwartenden

 
Der Autor ist erstaunt: wartete er am vorigen Abend vor der Tierarztpraxis mit seinem verletzten Vierbeiner, und hörte in der Wartezeit Gespräche von Mitwartenden. Eigentlich wurde er dazu gezwungen.
Ein Glück, dass wir alle draußen im weitläufigen Hof des ehemaligen bäuerlichen Anwesens warteten, denn in jedem Innenraum hätte es uns, den Leuten und erst recht den Hunden, das Trommelfell weggebeizt.
 
Ein bebrillter Herr erzählte in launig-schwäbischer Manier, was er schon alles mit seinem jetzigen Hund, und auch denen davor erlebt hat. Das wäre alles nicht schlimm gewesen, wenn er sich nicht völlig in der Lautstärke vertan hätte. (So stelle ich mir immer einen Feldwebel vor, oder wie auch immer der Rang von denen heißt, die auf Exerzierplätzen brüllen.)
Die neben ihm pausenlos ins Mobiltelefon starrende Mittzwanzigerin stört das wenig. Ihr Hund gleicht dem seinen beinahe gruselig, sodass die beiden sofort einen guten Draht zueinander haben. Und bald wissen wir anderen, das beide in Tamm auf der Hohenstange wohnen. Auch von Hundetrainern ist die Rede, und als ich mal kurz durch meinen Hund abgelenkt bin (ich hatte vor lauter Zuhören vergessen dass er da war), habe ich wichtige Details verpasst, wie ich später bemerke.
 
Mit uns dreien, ich sage übrigens keinen Ton, wartet noch eine gepflegte Endfünfzigerin samt viel zu dickem Borstenhund und absolut viel zu dickem Chihuahua-Mischling. Sie selbst ist Normalgewichtig.
Diese spricht in reinstem Hochdeutsch, (ah da war doch fast ein kleiner Ausrutscher ins Rheinländische?), ebenfalls mit dem brüllenden Brillenträger über Hundekrankheiten im Allgemeinen.
Ihre weiß-blauen Ballerinas passen zu dem Maritimen-Outfit hervorragend dazu, und das silber-blond gefärbte Haar zum korallroten Lippenstift. Was ich allerdings dieser Dame zugutehalten muss ist, dass auch sie ausschließlich Hunde aus dem Tierschutz nimmt. Im Gegensatz zu der tippenden Tammerin und dem bebrillten Brüller.
 
Mein Tierschutzhund und ich sitzen hinten gemütlich im offenen Kombi und hören zu. Keiner, weder Hund noch Leut‘, hat Notiz von uns genommen. Bis wir hereingerufen werden, und an den Wartenden vorbeimarschieren. Da schweigt sogar der Brüller.